New Orleans, die Metropole am Mississippi, sollte eigentlich einer der Höhepunkte unserer Reise sein, lockten doch sämtliche Reiseführer mit der lockeren Atmosphäre und rhythmischen Musik dieses Ortes, der als "Wiege des Jazz" und als Stadt der Lebensfreude bekannt ist. Vermutlich war es gerade dieser Lockerheit zuzuschreiben, dass zum Zeitpunkt unserer Anreise gerade dieser Ort sich zu einem Corona-Hotspot zu entwickeln schien, was unsere Reisefreude doch nicht unerheblich beeinträchtigte.
Wir erreichten New Orleans am späten Nachmittag und machten uns direkt nach dem Check-In auf zu einem ersten Stadtrundgang. Am Ufer des Mississippi lag dann auch schon recht dekorativ eines der Natchez Steamboats, ein riesiger Schaufelraddampfer, der gerade die letzten Passagiere ausgespuckt hatte.
Wir flanierten entlang der Uferpromenade, streiften durch die Straßen und fanden ganz besonderen Spaß am fröhlichen Treiben am Jackson Square, wo vor der beeindruckenden Kulisse der St. Louis Cathedral diverse Straßenmusiker ihr Können zum Besten gaben. Die Menschen chillten auf den Grünflächen, klatschten, sangen und tanzten im Takt der wirklich unterhaltsamen Jazzklänge, und irgendwie ging es gar nicht anders als fröhlich im Takt mitzuswingen. Natürlich versuchten wir Abstand zu halten, doch irgendwie schienen wir die einzigen sein, die mit Blick auf die Pandemie diesbezüglich besorgt waren. Corona war zu diesem Zeitpunkt in New Orleans noch nicht angekommen.
Es folgten unsere ersten Schritte durch das French Quarter, dem historischen Zentrum der Stadt, in dem um diese Zeit auch schon einiges geboten war. Aus allen Fenstern und Kneipen schallte Musik, Straßenmusiker bevölkerten die Straßen, was jedoch nicht wirklich darüber hinweg täuschen konnte, dass dieses weltberühmte Viertel sicherlich schon bessere Zeiten gesehen hat. Und dennoch gefielen uns die typischen bunten Häuser mit ihren schmiedeeisernen Gittern und teilweise reich mit Pflanzen geschmückten Balkonen, fühlten das damit verbundene Flair der Stadt und freuten uns darauf, dieses gerade für seine Musikkultur und für sein pulsierendes Nachtleben so bekannte Revier abends näher kennenzulernen.
Der nächste Tag erwartete uns mit herrlich warmen Temperaturen und strahlend blauem Himmel. Um dem Innenstadttrubel zu entgehen entschlossen wir uns mittels der historischen St. Charles Streetcar das weitere Umfeld New Orleans kennenzulernen, wobei wir uns im Schwerpunkt mit dem Garden District befassten.
Ziemlich laut und höchst rumpelig führte uns die Fahrt durch die Altstadt bis zur St. Charles Avenue, wo wir die herrschaftlichen Herrenhäuser und Villen mit ihren großzügigen Parkanlagen und Gärten bewunderten. Hatten wir gestern noch das quirlige Treiben des French Quarters erlebt, fanden wir uns nun wieder in einer Allee von riesigen Eichen, großzügigen Wohnanlagen und gut bewachten Plantagenhäusern, die von Sicherheitspersonal gut bewacht wurden. Keine Frage: hier wohnte wohl eher der betuchtere Einwohner der Stadt.
Obwohl dieses Viertel auch ein touristischer Anziehungspunkt ist, verliefen sich hier die Menschen in diesem relativ weitläufigen Gebiet, und auch wir zogen schließlich durch einen der großzügigen Parkanlagen mit altem Baumbestand und der willkommenen Möglichkeit, einen schattigen Ruheplatz zu finden.
Mit einer nächsten Streetcars rumpelten wir schließlich wieder Richtung Innenstadt und fanden gleich in der Nähe des Mississippi eine Bierbar, dessen deutschstämmiger Inhaber mit einem selbst gebrauten eisgekühlten Hefeweisen warb. Keine Frage, dass es da kein langes Zögern gab und wir unsere durstigen Kehlen mit einem wirklich phantastischen Weißbier erfrischen konnten.
Nachdem wir uns im Hotel erfrischt und beim hoteleigenen Abendsnack gestärkt hatten starteten wir schließlich in die Nacht von New Orleans. Wir hatten ja schon gedacht, dass wir im French Quarter und rum um die Bourbon Street nicht die einzigen waren, die sich unterhalten wollten. Aber dass die Straßen so voll sein würden, dass man kaum voran kam, das hatten wir irgendwie nicht auf dem Plan. Und bewirkte natürlich sofortiges Unbehagen, da die Zeiten aktuell eher keine Menschenansammlungen ratsam erschienen ließen. Den Menschen schien das gleich zu sein, die Stimmung war ausgelassen, fröhlich und laut, aus den Kneipen tönte Musik jeglicher Spielart, und wir wurden mitgezogen in dieses nächtliche Schauspiel gut gelaunter und erlebnishungriger Touristen.
Natürlich wäre es jetzt klasse gewesen, einen der Live-Clubs zu besuchen und gute Musik zu genießen, aber aufgrund der Umstände war dies für uns leider keine Alternative. So begnügten wir uns, einen Eindruck vom Nachtleben zu gewinnen, der allein bei Betrachtung des Straßentrubels in der Bilanz leider nur mäßig positiv ausfiel. Wir kamen uns teilweise vor wie bei einem riesigen Junggesellenabschied mit viel Lärm, Geschrei und Alkohol. Auch die Qualität der reinen Straßenmusik war aus unser Sicht nicht berauschend, vielmehr ging es auch hier nur ums Geldverdienen um jeden Preis. Insgesamt wirkte vieles heruntergekommen, schmutzig und billig, wobei sich dies keineswegs in den hohen Preisen vor Ort widerspiegelte.
Es mag sein, daß wir außerhalb der Covid-Zeit ein bißchen besseren Zugang zu diesem Treiben gefunden hätten und diesen vielleicht auch hätten genießen können, und vielleicht ergibt sich irgendwann die Gelegenheit zu einem Neuversuch. Aber in diesem Jahr hatten wir erstmal genug vom Trubel und waren nicht böse, die letzte Woche dieses ungewöhnlichen Urlaubs wieder in ruhigeren Gefilden verbringen zu können.
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