Water Canyon  & The White Domes

Bei strahlend blauem Himmel und vielversprechenden 30 Grad Celsius verließen wir nun Las Vegas. Auch wenn wir wieder sehr schöne Stunden hier verbracht hatten freuten wir uns auf die Weiterfahrt und auf die vor uns liegenden Ziele. Bereits um 11 Uhr erreichten wir St. George, wo wir bei Dick's Sporting Goods erstmal einen Zwischenstop einlegten und ein paar Hiking-Utensilien erstanden. Danach entschieden wir uns für eine direkte Weiterfahrt nach Hurricane, um dort im Motel Super 8 einzuchecken. Nach dem Cosmopolitan war dies beinahe wie ein kleiner Kulturschock, aber es ist ja vielleicht ganz gut, wenn die Bäume nicht allzu hoch in den Himmel wachsen... ;-)). 

 

Da wir für diesenTag keine wirklichen "Must Do's" auf dem Programm hatten hatten wir nun Zeit für eine entspannte Auskundschaftung der Örtlichkeiten. Wir fuhren nach Hildale, welches teilweise zum Bundesstaat Utah und teilweise zu Arizona gehört. Was nicht die einzige Besonderheit dieser Location darstellte. Auch die Menschen, die wir zu Gesicht bekamen, waren "anders". Sie trugen altmodische Gewänder und Frisuren, selbst die Kinder liefen bei mehr als 40 Grad mit dicken Flanellhemden und Wollhosen durch die Gegend. Beim Badespaß trugen die Kids keine Badehosen oder Badeanzüge, sondern sprangen "in voller Montur" in das kühle Nass. Wie wir erst später erurierten handelt es sich hier in Hildale um ein Hauptquartier der "Fundamentalist Church of Jesus Christ of Latter Day Saints", einer Sekte, in der u.a. noch Polygamie und andere  als umstrittene Lebensweisen praktiziert werden

Bei der Durchfahrt durch Hildale fühlten wir zwar schon ein gewisses Unbehagen, wurden wir doch von den Menschen schon ein wenig - wir wir meinten - "schräg" und mißtrauisch betrachtet. Doch der Weg war das Ziel, und dieses Ziel hieß Naturerlebnis, und von herrlicher Natur und dem herrlichen Rot des nahen Zion Nationalparks war diese Örtlichkeit mehr als gesegnet. Unsere Versuche, den Squirrel Canyon zu erkunden wurden zwar jäh ausgebremst durch den zu respektierenden Hinweis "private property", doch konnten wir zumindest die Zufahrt zum Water Canyon ungestört befahren und den Einstieg in unseren morgigen Hike schon ein klein wenig vortesten. Im weichen Licht der Spätnachmittagsonne genossen wir das herrliche Farbenspiel und das Bergauf und Bergab bis zum Canyon und damit verbunden die Vorfreude auf den nächsten Tag, der ein Highlight für diese Tour werden sollte.

Am nächsten Tag klingelte der Wecker bereits um 5 Uhr, und kaum hatten wir realisiert, was uns an diesemTag erwartete, fiel das Aufstehen leicht, und auch die Vorbereitungen gingen uns schnell von der Hand. Die Trinkblasen wurden gefüllt und in den Rucksäcken verstaut, weitere Getränke, Müsliriegel & Co wanderten ins Gepäck, und nach einem kurzen Frühstück starteten wir bei angenehmen 23 Grad Celsius in froher Erwartung bereits vor 6 Uhr in diesen Tag. Der Weg war uns ja bereits bekannt, doch in der Sonnenaufgangsstimmung sah die Landschaft an diesem Morgen doch wieder ganz anders aus.

Bereits um 6.30 Uhr erreichten wir die Water Canyon Road, die dank des seit Wochen trockenen Wetters astrein befahrbar war. Wir waren die ersten am Trailhead, und als ich frisch und munter aus dem Auto sprang gab es die erste Überraschung: bei 12 Grad Celsius war es sakrisch kühl hier oben und unübersehbar hatte sich meine Haut in Gänsehaut verwandelt. Wow, damit hatte ich ja jetzt erstmal gar nicht gerechnet, zu selbstverständlich war die allgegenwärtige Hitze der letzten Tage zu unserem ständigen Begleiter geworden.

Umso schneller waren wir bereit zum Abmarsch. Anders als am Vortag lag der Weg nun im Schatten, lediglich die Bergspitzen waren von zartrosarotem Morgenlicht bereits erleuchtet. Und in der kühlen Morgenluft fiel es uns erstmal leicht, den teilweise tiefsandigen, teilweise aber auch anspruchsvoll mit großen und kleinen Felsen bedeckten Pfad bis zum Ende des Creeks entlang zu gehen. Beinahe gespenstisch und mystisch wirkte der Canyon an diesem Morgen. Düster und kühl breitete er sich vor unseren Augen aus, auch wenn wir beim Blick in die Ferne erkennen konnten, dass der fortschreitende Tag das Rot der Felswände zunehmend beleuchtete und zum Leben erweckte.

Nach vierzig Minuten standen wir wieder an der Stelle, an die wir uns bereits am Vortag vorgewagt hatten. Und nun wurde es anspruchsvoller. Das Überwinden der Steinstufe über die beiden Baumstämme war ja noch ganz nett, doch der Blick nach oben zeigte sehr schnell, dass es nun "lustig" werden würde. Doch darauf waren wir ja gefasst, hatten wir doch bereits im Vorfeld Reiseberichte gelesen und wussten, auf was wir uns eingelassen hatten. Und so war es dann auch. Steil, auf schmalem felsigen Steig, immer an der Felswand entlang ging es Schritt für Schritt nach oben, machte jedoch im ersten Drittel nicht wirklich Probleme. Natürlich war es hilfreich, bei besonders unzugänglichen und steilen Abschnitten Ray's Arm als Hilfestellung zu haben, aber im Grunde hatte ich es mir doch viel schlimmer vorgestellt. Und so blieben wir entspannt und konnten uns immer wieder an den Ausblicken in die Ferne sowie in die Tiefe des Canyons erfreuen. Einmal mehr verblieb das Staunen über die gewaltigen Naturkräfte, die durch Wind und Wasser in der Lage sind, solch kuriose Einschnitte in den harten Fels zu modellieren.

Auch wenn kleinere Klettereinlagen unvermeidlich waren, mit Ray's Hilfe hatte ich keinerlei Probleme den Hike zu absolvieren, und auch meine Höhenangst wurde zum Glück nicht wirklich geprüft. Denn dadurch, dass die nach unten abfallenden Felswände mit Büschen und Sträuchern bewachsen waren gab es fast immer was zum Festhalten und zumindest für mich an diesem Tag keinen Anlass zur Sorge. Was natürlich immer eine relative und zudem höchst persönliche Einschätzung der Lage ist.

Um 8.45 Uhr hatten wir dieses Steilstück absolviert und befanden uns auf einem mit niedrig wachsenden Sträuchern bewachsenen Plateau auf ca. 2.000 Metern Höhe. Die Sonne hatte uns längst eingeholt, es war mächtig warm geworden, als wir beim Blick in die Ferne kaum unseren Augen glaubten. Ein Traum von Orange-Rotem Fels, wellenförmigen Buttes, einem weitläufigen Gelände, wie wir es bisher nur in den Coyote Buttes bzw. der White Pocket erlebt hatten, warteten darauf, von uns erobert zu werden. Und all dies begleitet von einer phänomenalen Stille, die uns das Gefühl gab, alleine auf der Welt zu sein

Wir waren begeistert. Wir waren glücklich. Wir wollten weiter....

Der Abstieg hinunter in den Canyon gab dann erstmal Anlass für einige belustigende Klettereinlagen meinerseits, die zum Glück fotographisch nicht detailliert festgehalten wurden, doch einmal unten angekommen konnten Ray und ich nicht genug kriegen von dieser begnadeten Landschaft. Die White Domes waren nun in der Ferne bereits sichtbar, und somit war die Richtung klar, in die wir unsere Füße lenkten. Geradezu berauscht trotzten wir der brennenden Sonne, die White Domes fest im Blick, überwanden Schritt für Schritt über Slickrock neue Felskuppen und Hügel, die Fotoapparate glühten, und irgendwie waren wir doch überrascht, wie langsam wir uns unserem Ziel näherten. Und einmal mehr wurde uns klar, wie relativ in dieser Gegend Entfernungen als nah oder fern zu bezeichnen sind.

Doch nach einer guten Stunde in glühender Hitze hatten wir unser Ziel erreicht, und es ist schwer zu beschreiben, welch ein beeindruckendes herrliches Felsgebilde sich vor uns auftat. Schmeichelte zuletzt noch das rot-gelb-orange der Slickrocks unserem Auge, wurden wir jetzt vom hellen Weiß der Kuppen der White Domes geradezu geblendet. Im gleißenden Sonnenlicht vor dem tiefblauen Himmel erschien der Fels noch weißer und bildete einen faszinierenden Kontrast zur sonstigen Felslandschaft. Und dies, obgleich die einzelnen Buttes mit dynamisch verlaufenden gelblich-ockerfarbenen Wellenlinien verziert waren.

Im Hintergrund plastisch und unübersehbar faszinierten die majestätischen Tafelberge des Zion Nationalparks, die aus dieser Perspektive gleichfalls einen atemberaubenden Blickfang dastellten. 

Eigentlich waren wir müde von unserem Hike gewesen, doch jetzt Pause zu machen kam nicht in Frage. Erstmal wanderten wir quer durch und über die Buttes, genossen die verschiedenen Ausblicke und Perspektiven und fühlten das Glücksgefühl, das sich ausbreitete und uns erfüllte. Hier konnte man einfach nicht genug bekommen! Jeder einzelne Blick bot neue Details, immer wieder neu, immer wieder anders, und doch immer wieder das Gleiche. Phantastisch. Für uns war es klar, dass sich diese Location nicht hinter der "Wave" oder der "White Pocket" verstecken muss, sondern selbstbewusst denselben faszinierenden Schönheitsrang einnehmen durfte.

Irgendwann gewannen schließlich auch unsere Urbedürfnisse wieder die Überhand, doch nun hatten wir die innere Ruhe uns niederzulassen und die Schönheit dieses Fleckchens Erde, seine Ruhe und Faszination bei Speis und Trank auf uns wirken zu lassen.

Um die Mittagszeit - und somit in größter Hitze - machten wir uns schließlich auf den Rückweg, immer wieder hinter uns blickend und bedauernd, dass wir nicht ewig hier bleiben konnten. Ray's internes Navigationsgerät führte uns fast punktgenau zurück zum Ausgangsplateau, von dem aus nun der steile Abstieg hinunter zum Traihead seinen Anfang nahm. Und so wie schon der Aufstieg nicht ohne war, der Abstieg war es - aus meiner Sicht - erstrecht nicht, und nicht zum ersten Mal an diesem Tag war ich froh, dass wir unsere Hikingpoles "am Mann" hatten.

Auch wenn uns der Adrenalinausstoß dieses Tages fast von allein durch den Tag getragen hatte zog sich nun zum Ende der Hike irgendwie unendlich, und wir waren letztlich froh, als wir gegen 14.30 Uhr wieder unser Auto erreichten. Jetzt fühlten wir doch unsere Erschöpfung und die von den Wanderstiefeln befreiten Füße machten sich dankbar in den bereit gestellten Flip-Flops breit und genossen ihre Freiheit. Genüsslich schaukelten wir jetzt wieder hinüber nach Hurricane, wo wir uns zur Feier des Tages erstmal ein Frozen Joghurt und ein wenig Pooltime gönnten. 

 

Nach einer ausgiebigen Dusche wieder aufgefrischt ging es hinüber zu JB's Restaurant, wo wir bei einem leckeren Burger die Höhepunkte dieses herrlichen Tages nochmals Revue passeren ließen.