Grand Canyon North Rim

oder ein Hoch auf eine alternative Reiseplanung...

Leider hieß es heute schon wieder Abschied nehmen von der vielseitigen Natur des Zion National Parks, der uns beim Aufwachen mit einem herrlichen Sonnenaufgang und von der Sonne angestrahlten glühenden roten Felsen belohnte. Keine Frage, dass wir wieder sehr früh auf Achse waren, wollten wir doch möglichst früh den North Rim des Grand Canyon erreichen. Für mich als USA-Frischling stellte der Besuch des Grand Canyon ja quasi ein "Pflichtziel" dar, hatte ich doch schon so viele atemberaubende Fotos über diese lt. Reiseführer "mit Abstand gewaltigste und spektakulärste Schlucht auf amerikanischem Boden" gesehen und auch im Bekanntenkreis nur begeisterte Stimmen hierzu gehört.

 

Doch bevor wir unserem WoMo die Sporen gaben machten wir noch einen kurzen Frühstücks-Stopp im Zion-Bistro, wo wir bei wirklich gut trinkbarem Kaffee (vom Pappbecher mal abgesehen!) etwas zu sehr nach Maggi schmeckende scrambeled Eggs und Toast zu uns nahmen. Nun gut, zugegeben, dieses Frühstück war nicht das wirkliche Feinschmecker-Frühstück, aber für uns, in diesem Moment, war es das beste Frühstück der Welt, denn unsere Stimmung war freudig, gelöst und voller Erwartung auf das, was der noch so junge Tag uns bringen würde. Die Sonne schien - noch - wie könnte uns da ein Maggi-Ei die Laune verderben?

Schließlich saßen wir wieder in unserem WoMo und schaukelten erwartungsfroh in Richtung Grand Canyon. In La Verkin gab es noch einen kurzen Zwischenstop zum Auffüllen unserer Fress-Vorräte, auch unser WoMo bettelte in Fredonia um Nachschub in Sachen Gas, doch dann hielt uns nichts mehr. Countrymusic im Ohr fuhren wir zielstrebig, noch von der Sonne begleitet, die schöne Natur rechts und links der Straße stets im Blick über Jacob Lake in Richtung Kaibab National Forest.

 

Ein klein wenig natürlich verdrängten wir den zunehmend sichtbar werdenden Umstand, dass die Wolken vor uns immer dichter und schwärzer wurden, so dass sich die Sonne mit zunehmender Fahrt immer schwerer tat, die Wolkenpracht zu verdrängen. Schließlich fing es sogar an zu regnen, und wie wir bei einem Zwischenstop an einem Aussichtspunkt des Kaibab Forest sehr schnell merkten war es zwischenzeitlich auch wirklich sehr kühl und windig geworden. Irgendwie fühlte sich das gerade gar nicht mehr wie Sommer an. 

 

Aber trotzdem, wer wird den schon Urlaub am Wetter fest machen - wir doch nicht - und so genießen wir weiter die sich bietenden Eindrücke. Doch gut, dass wir eine Regenjacke mit im Gepäck hatten... 

 

Während wir durch den Kaibab National Forest fahren, der durch dicht gewachsenen duftenden Nadelbaumbestand, wechselnd mit noch kaum belaubtem Espenwald besticht, fällt uns auf, dass die uns - eher selten - entgegenkommenden Fahrzeuge nahezu allesamt eine durchaus beachtliche Schneehaube mit sich herum fahren. Je höher wir uns Richtung Grand Canyon schlängeln treffen wir auch immer wieder auf recht frisch aussehende Schneefelder am Straßenrand, die von Höhenmeter zu Höhenmeter dichter ausfallen. In anbetracht der zwischenzeitlich nur noch einstelligen Temperaturen ist uns klar, dass wir hier offenbar noch einmal einen kleinen Wintereinbruch erleben. Und tatsächlich: als wir den North Entrance des Grand Canyon National Parks durchfahren berichtet uns der nette Ranger, dass in der Nacht ca. 25 cm Neuschnee gefallen sei. Wir konnten wohl von Glück reden, dass die Straßen schon wieder frei waren, denn auf schneebedeckter Fahrbahn hätten wir mit unserem Fahrzeug wohl keine guten Karten gehabt.

Da gerade die Sonne schien und es gerade mal auf Mittag zu ging beschlossen wir einen Aussichtspunkt - Point Imperial - anzufahren. Der Ranger hatte uns "grünes Licht" gegeben und gemeint, bei vorsichtiger Fahrweise müsste die relativ enge Straße auch mit unserem Fahrzeug zu befahren sein. Gesagt getan. Wir bogen in Richtung Imperial Point ab und schlängelten uns ca. 11 km langsam aber stetig die ansteigende Strecke hinauf. Mittlerweile zeigt das Thermometer nur noch 1 Grad Celsius, was für diese Jahreszeit nicht wirklich viel ist. Und kurz bevor wir das Ziel erreichen weist Ray nach rechts und macht mich darauf aufmerksam, dass erstmals Teile des Grand Canyons sichtbar wurden. 

Und tatsächlich: der erste wirklich nur kurze Blick nach rechts nahm mir fast den Atem und ließ meine Augen einen Moment lang feucht werden. Schließlich hatten wir den Point Imperial erreicht. Der Anblick, der sich mir bot, war so gewaltig, farbenprächtig und monumental, dass man es kaum beschreiben kann. Trotz des wirklich nur mäßigen (bzw. schlechten) Wetters und eisiger Luft auf fast 2800 Metern bot sich uns hier ein beeindruckendes Naturschauspiel, das wir fast für uns alleine hatten. Denn nur wenige Touris hatten sich an diesem Tag an den North Rim des Grand Canyons gewagt. Wir genossen das Glücksgefühl im Herzen und fühlten großen Respekt vor dem, was die Natur hier geschaffen hat. 

Auf dem Rückweg bzw. auf der Fahrt zum Visitor Center passierte dann das, was unsere Pläne in Sachen Grand Canyon doch etwas durcheinander brachte. Es begann nämlich jetzt heftig zu schneien und wir waren wirklich froh, als wir das Grand Canyon North Rim Visitor Center und damit auch unseren nächsten Campground endlich erreicht hatten. Während wir am Imperial Point noch das Glück hatten, mit ein paar Sonnenstrahlen wenigstens für ein Stündchen einen Blick auf den Grand Canyon zu erhaschen, hatte der Himmel jetzt vollends dicht gemacht.Es schneite, der Wind wehte rauh und der Blick in die Ferne und in die Tiefe war durch Dunst und Nebelschwaden gleich Null.

Ein Blick auf die Wettervorhersage verhieß auch für den nächsten Tag leider nichts Gutes, so dass wir kurzfristig entschieden hier nicht zu bleiben sondern unsere Fahrt fortzusetzen. Das war zwar schade, hatten wir uns doch für den nächsten Tag den Kaibab Trail vorgenommen, doch wenn die äußeren Bedingungen so schlecht sind, wie sie nunmal waren, hätten wir möglicherweise nur einen Urlaubstag vergeudet, die Schönheit des Grand Canyons aber nicht genießen können. So werden wir den Grand Canyon eben anlässlich einer anderen USA-Reise besuchen müssen. Denn eines ist klar: mit dem wirklich wunderschönen Blick vom Point Imperial mag ich mich nicht zufrieden geben. Im Gegenteil. Dieser Wahnsinnsausblick machte auch mir Lust auf mehr, so dass ich unbedingt nochmal hierher kommen möchte.

Nachdem wir den Campingführer sowie die Karte gewälzt hatten war klar, dass wir als Endziel dieses Tages den Marble Canyon anpeilen wollten. Dieser lag auf unserem Weg Richtung Page, und auch ein kleiner Campground sollte dort vor Ort sein. So kurbelten wir wieder Höhenmeter um Höhenmeter abwärts, und je weiter wir nach unten kamen, desto schöner wurde das Wetter und umso milder wurde die Außentemperatur. Als wir dann den ersten Blick auf die Vermilion Cliffs werfen können, die in geheimnisvoller Gewitterstimmung vor uns lagen und eine erste Vorahnung boten auf die Erlebnisse der kommenden Tage, waren wir wieder mit der Welt versöhnt und unser Herz hüpfte vor Freude über den wunderschönen, wiederum gewaltigen Anblick einer selbstmalenden Natur. Der Anblick der vor uns - noch fern - liegenden leuchtenden Felsen, im Abendlicht von der Sonne beleuchtet und von Gewitterwolken in geheimnisvolles Licht getaucht, ließ unsere Herzen hüpfen und voll Freude nach vorne blicken.

 

Gegen 18.45 Uhr erreichten wir schließlich den Lee's Ferry Campground am Marble Canyon, der zur Glen Canyon Recreation Area gehört. Auch wenn wir hier keinen Komfort im Sinne eines "Full Hook Up"- Campgrounds genießen konnten, der Platz war familiär, sauber und gemütlich. Sogar ein Stück vom Colorado war zu sehen und wieder einmal ein Sonnenuntergang vor rotleuchtender Felskulisse. Einem romantischen Abend bei wieder milden Temperaturen und Eigenküche stand nichts mehr entgegen...

  

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